Jakobsmuschel

 

Durchs Chablis
von Arcis über Troyes bis Orleans

Mittwoch, 26.4.2006

von Arcis über Troyes bis Saint Florentin
97 km, 780 hm


Wir müssen früh raus, denn es gibt nur bis 8.30 Uhr Frühstück. So stehen wir um 8.15 Uhr vor einem Aldi, um uns zu verproviantieren, aber der macht erst um 9.00 Uhr auf. Da rollen wir gleich los und hoffen, uns unterwegs versorgen zu können. Gar nicht so einfach, die vielen kleinen Dörfer haben keine Geschäfte.

Über herrliche kleine Nebenstraßen rollen wir gen Süden. Es ist in der Ferne zwar diesig, aber über uns scheint meistens die Sonne.

500 km voll. Wir machen Trinkpause. über uns die Sonne, aber in Zielrichtung Troyes wird der Himmel dunkler und bei der Einfahrt in die Stadt fängt es an zu regnen. Wir können nicht schnell einrollen, da uns ein Linienbus dauernd ausbremst und es jede Menge roter Ampeln gibt. Der Regenguß wird stärker und wir suchen Zuflucht bei einem kleinen Geschäftchen. Hier gibts Obst und Getränke. Es läßt nach und wir fahren bis zur Kathedrale. Die Prospektverkäuferin hat leider keinen Stempel, den gibts nur beim Bischof, 200 m weiter. Während Hanne die Kirche besichtigt und ein kleines Kerzlein entzündet, spricht mich draußen ein Franzose auf die Muschel an. Er will auch, wenn er Rentner ist, zu Fuß gehen, zwei Onkel hätten das getan und seien begeistert.

Den wieder einsetzenden Schauern entgehen wir durch Besuch eines Cafes und dann noch schnell die Pilgerstempel abgeholt, bevor auch der Bischof Mittag macht.

Wir müssen sowieso quer durch die ganze Stadt und so schieben wir durch eine herrliche Altstadt mit vielen schmalen Gassen und viel Fachwerkhäusern. Hunderte von Tischchen stehen vor den Restaurants im Nieselregen und warten auf Gäste.

troyes


Was habe ich denn da in meiner Trikottasche; ohje, der Schlüssel vom Hotel in Arcis. Wir finden die Tourist-Info und ich lasse mir da helfen, nicht einfach mit den Sprachen, aber es klappt, wie oft, mit englischen Beimengungen. Die freundliche Angestellte gibt mir ein kräftiges gefüttertes Kuvert und sie schreibt mir die genaue Anschrift des Hotels drauf. Ich habe ja nur den Kassenbon von der Kartenzahlung, ohne Straße etc. Einen Begleitzettel mit Name und Entschuldigung schreibe ich noch schnell dazu. Damit schickt man mich zur Post (1 Block weiter auf unserer Strecke), aber die hat Mittagspause.

Troyes ist die historische Hauptstadt der Champagne, jetzt hat Charlons ihr den Rang abgelaufen. Wir sind hier im Herzen des Weinanbaugebietes, trotzdem sehen wir heute mittag in der Ferne erst Weinberge. Machen die den Champagner aus dem komischen Klee/Rapsgemisch, das hier hektarweise derzeit geeerntet wird?

Wir rollen los und verlassen die Stadt auf der westlichen Ausfallstraße. Plötzlich endet der Radweg an einer Schule und die Weiterfahrt ist für Fahrräder verboten. Die letzte Abfahrt zurück ging auf die südlich verlaufende Autobahn, das kann es auch nicht sein. Im Plan an einem Bushäuschen kann ich mich orientieren und nach wenigen Schleifen durch ein ruhiges Wohngebiet sind wir richtig. Die Straße ist ruhig und zieht langsam auf die Othe zu. Hier verlaufen die Berge und Täler alle quer zu unserer Hauptrichtung, d.h. ca 50 m rauf und runter immer weiter. Zum Glück ist es wieder trocken, aber abgekühlt. Beim berganfahren Jacke aus und bergab wieder an.

Unser Tagespensum ist fast erreicht, und so halten wir Ausschau nach einer Unterkunft. In Ste.Mards, wo ich sowieso nach Süden abbiegen wollte, sagt der Hotelier: "complete" und empfiehlt uns 7 km weiter, aber nach Norden. Naja, wird nicht so schlimm werden, fragen wir im nächsten Ort nach und halten uns weiter in die Südrichtung. Da im Hause auch die Postfiliale ist, gebe ich meinen Schlüssel-Rücksendebrief noch auf.

Zur Stimmungsaufhellung wird es wieder feucht in der Luft. Aber die Orte haben keine Hotels oder Pensionen. Nur große Denkmäler für 1914/18 und jede Menge Gedenksteine für die amerikanische Befreiung 1944. Es regnet stärker und auch ich muß wieder in die Regenjacke. Hanne hat auf einmal Tränen in den Augen. Sie glaubte, ihr Muschelanhänger sei verloren, doch er war nur in die Tasche gerutscht. So wurde diese Schwächekrise gut gemeistert.

Noch 8 km auf der N 77 bei mäßigem LKW-Verkehr bis Ste.Florentine, wo wir direkt im ersten Hotel absteigen. Damit die Räder trockenstehen, muß ich im Holzschuppen noch Platz machen. Tagespensum 97 km, 25 davon weiter wegen der Zimmersuche.

Donnerstag, 27.4.2006

von Saint Florentin über Joigny bis Montargis
89 km, 393 hm


Heute steht noch mal eine längere Strecke auf meinem Programm, daher geht’s früh raus. Mein Thermometer auf der Fensterbank sagt 12 Grad. Da kommen die Longshorts noch mal zum Einsatz.

Der Himmel in Fahrtrichtung ist dunkelgrau. Ob das heute gutgeht?

Gestern abend waren wir zu müde, so schauen wir uns heute morgen zunächst das Städtchen an. Der Eingang zur Kirche macht den Eindruck, daß hier nicht oft jemand den Vogeldreck platt tritt. Ein kleines Schild verweist auf die Tourist-Info, wo man den Schlüssel zur Besichtigung bekommt. Da gehen wir auch noch hin und ich lasse mir die Pilgerpässe stempeln. Leider nur ein einfacher Textstempel. Bevor die öffneten, hatten wir schon Proviant gebunkert.

Dann rollen wir los. In Anbetracht der Wetteraussichten zunächst mal auf der Hauptstraße. Der Verkehr ist erfreulicherweise nicht zu stark, und so sind wir schnell in Joigny. Der Cappuccino schmeckt, das Cafe hat doch wirklich den halben Bürgersteig mit seinem Glaswintergarten überbaut. Wirklich ein optimal neugieriger Sitzplatz.

Wir schieben den Berg hinan, aber in der Kirche ist gerade eine Beerdigungsmesse, schade, da will ich aber nicht stören.

Und so gehts wieder auf die Landstraße. Die kleinen Anstiege der Straße stecken wir locker weg. Wenn nur der Belag nicht so rau wäre. Das Wetter bessert sich, aber es bleibt kühl. Der Wind kommt im Laufe des Tages auf, weht meist von der Seite, nicht so oft von hinten.

Meine geplanten Nebenstraßen lassen wir unbenutzt und sausen so schnell, ohne große Pausen, unserem Tagesziel entgegen. Die großen Orte hier haben alle eine leistungsfähige und täglich lange besetzte Tourist-Info, denen wir die Chance geben, uns ein würdiges Pilgerquartier zu verschaffen.

Die große Kirche in Montargis hat nur an drei Tagen in der Woche je 2 Stunden offen. Da muß ich mir den Pilgerstempel knapp vor Feierabend in der Mairie besorgen.

Montargis


Endlich finde ich eine Bäckerei, die Eis verkäuft. Bisher sah ich, wenn es sonnig war, keine Eisdiele und als es gestern regnete, stolperte ich dauernd darüber.

Ein ansprechendes Internetcafe und ich stürze rein. Nicht einfach mit dem Jungchen auszuhandeln was ich wollte, aber dann doch geklappt. EMail-Kasten geleert, homepage geprüft, Kreditkartenabbuchungen gecheckt und ein paar liebe Grüße in die Welt geschickt. Weder SD-Kartenschacht noch USB-Anschluß in nutzbarer Front des PC. Ob das möglich ist, vermag ich infolge der Vorkommnisse von Babylon nicht zu eruieren.

Der Kleine kommt mir nachgerannt, ich hätte noch 10 min. Zeit gut, er will mir einen Bon geben. Den schenke ich ihm gerne.

Lecker, das Rumpsteak, die Franzosen wissen gut zu kochen. Bei der Tagesleistung tut das, zusammen mit den vorzüglichen regionalen Weinen den Kalorienhaushalt wieder auffüllen.

Freitag 28.4.2006

von Montargis bis Orleans
97 km, 215 hm


Schon früh werden wir wach, packen unsere Taschen und gehen zum Frühstück. Da ist noch eine gemischte Radelgruppe, offensichtlich aus Holland. Die wollen auch zu fünft in 25 Tagen nach SdC. Die haben Etappen von ca 120 km geplant, auch alles mit Gepäck. In Anbetracht des Alters (unseres und mehr) eine stramme Leistung.

Unterwegs auf der gleichen Straße kommen die von hinten auf; wir unterbrechen zum Kirchgang und später sind wir kurz hinter ihnen. In Sully s/Loire trennen sich unsere Wege, die pirschen weiter südlich und wir gehen auf die touristische Loire-Route.

Loire


Die Tagesetappe ist wieder zu kurz geplant und wir sagen, bis Orleans schaffen wirs heute noch.

Das erste, lt. Reiseführer angeblich eines der wichtigsten Schlösser der Loire, wird fotografiert. Mehr erscheint uns die Angelegenheit nicht wert.

sully


Dann packe ich die Karten um, denn nun gehts auf der Loire-Radroute. Überwiegend rollen wir auf geteerten Strecken auf den Hochwasserdammkronen der Loire.

Herrlich, aber jetzt haben wir nennenswerten Gegenwind und ich beginne am Ziel zu zweifeln. An der Abtei Abbaye kommen wir ganz zermürbt an. Der Pastor ist beim Mittagessen und so bekomme ich und die anderen Wartenden keinen Stempel. Nunja, vorsichtshalber hatte ich mir in der Tourist-Info von Sully, meiner ersten Loire-Station, einen eindrucken lassen.

Das Wetter wird besser und es rollt. Der Radweg macht Bogen und der Untergrund wird, gelinde gesagt, knapp zumutbar. Aber schnell ist das vergessen und es ist wieder eine super Trasse.

Gegen 17.00 Uhr pedalieren wir auf der Hauptstraße in die Stadt. Mit den Türmen der Kathedrale im Blick finden wir auch die Tourist-Info, die uns ein kleines Altstadt-Pilger-Hotel mit Velo-Garage bucht. Preiswert, zentral, freundlich und sauber. Hier werden wir einen Zusatztag einlegen, um die Schönheiten der Stadt zumindest teilweise zu erkunden.

Schon wieder zu spät, die Kathedrale ist zu. Hoffentlich finden wir morgen mal die Gelegenheit, an einer Pilgermesse teilzunehmen. Es gibt zwar unzählige Kirchen, aber wie sich aus den Türanschlägen ergibt, hat immer nur eine aus der Gruppe von 5-8 Kirchen "Dienst" und ist offen, bzw. es gibt einen Gottesdienst.

Kathedrale Orleans


Die vielen Möglichkeiten der Stadterkundung nutzen wir zunächst nur einzeln, trinken ein paar Gerstenkaltschalen und suchen uns ein Lokal, denn der Hunger meldet sich.

Prima, wir bestellen beide wie immer blind aus der großen Karte. Hanne staunt, denn sie hat panierte Schweinefüße: nach dem ersten Schock schmecken die wirklich gut. Ich genieße meine "grenadin de porc", ein leckeres Kaninchengericht. Trotzdem gut gelebt und ins Hotel gewankt.

Es rollt so gut, schon wieder ein ganzer Tag eingeholt, und auch die Höhenleistungen liegen im Plan.

Statistik:
geplante Strecke: 270 km
gefahrene Strecke: 272 km
gekletterte Höhenmeter: 1398 m

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