Jakobsmuschel

 

Entlang der Mosel
von Briedel bis Metz

Die letzten Vorbereitungen

Pastor Huber hat uns und unseren Rädern den Pilgersegen erteilt. Es war eine kleine bewegende Feier. Auch unsere Freunde, die zur Kofferzumachparty gekommen waren, zeigten sich tief beeindruckt. (Auch von dem Chaos in der Garage, ich hätte die Räder zum Fotografieren doch besser auf den Hof gestellt und die Tür geschlossen.)


pilgersegen

Anschließend wurden die vielen persönlichen Wunschzettel verbrannt. Wir werden die Asche mitnehmen und am Cruz de Ferro ausstreuen. Hoffen wir, daß sie alle erfüllt werden.

wuensche

So jetzt gings noch zum Friseur. die Haare müssen runter, damit wir windschnittig werden und keinen Föhn mitnehmen müssen.


Alle Radtaschen sind gepackt und festgezurrt.
Oje, was für ein Gewicht haben die vollbepackten Drahtesel. Da mache ich doch gleich mal einen Wiegetest. Mein gesamtes Gepäck in den beiden Hinterradtaschen, den beiden Lowridern vorne und der Lenkertasche summiert sich doch glatt auf 19 kg. Bei Hanne macht es satte 13 kg aus. Und die beiden Alu-Rösser sind ja mit der verstärkten Ausstattung auch keine Fliegengewichte (jedes bringt komplett knapp 18 kg auf die Waage)

Was ist da nur so schwer? Beim Packen wurde doch schon auf jedes Gramm geguckt. Sicher, Werkzeug und Schlösser sind schwer und auch die Karten für die ganze Strecke bringen Gewicht. Nunja, weniger geht offensichtlich nicht und so müssen wirs halt über die Berge bringen.
Das eine oder andere Kleidungsstück wird unterwegs sicher verschleißen und ersetzt werden müssen. Wie steht im Reiseführer: ein T-shirt kostet in Spanien auch nur 3,95 €, dafür braucht man keines durch ganz Europa zu schleppen.

Wir haben ja beide eine Rentnerscheibe hinten und wenn wir die ganzen Regenklamotten eben umsonst nach SdC schleppen, solls uns gerade recht sein. Bei 2 x 30 kg Freigepäck für den Rückflug ist da trotzdem noch Reserve für die Mitbringsel.

Mal sehen, wann wir morgen merken, dass wir etwas vergessen haben. Claudia meint, ihr müßt das am 1. Tag merken, bis Trier können wirs noch mit dem Auto nachbringen.

Mittwoch, 19. April 2006,

von Briedel bis Trier
105 km, 305 hm

So, der Tag der Abreise ist gekommen. Es dämmert. Irgendwie ist doch Unruhe und Spannung, denn so ganz gut haben wir nicht geschlafen.

Ich bemerke an meinem Allerwertesten schon zwei Pickel, und da bin ich überhaupt noch nicht gefahren. Hoffentlich geht das gut.
Ein Blick aus dem Fenster: trocken und klar. Das gibt heute einen schönen Radltag. Der der Blick auf Thermometer schockt, nur 2,9 Grad, da müssen die gut verpackten Winterjacken schon wieder aus den Taschen raus.


Ein kräftiges deutsches Frühstück, wer weiß, was es in Frankreich und Spanien gibt.
Proviant und Getränke werden verladen und dann gehts los.


Pünktlich um 8.35 Uhr rollt der Tross ab. Nach wenigen Metern erreichen wir schon den Mosel-Radwanderweg, dessen grüne Symbole uns die nächsten Tage bis Metz den rechten Weg zeigen sollen. Hoffentlich finden wir sie alle.

An das Fahren mit dem vielen Gepäck muß man sich erst gewöhnen. Noch läuft nicht alles rund, da überrollen wir schon den 50. Breitengrad, jetzt gehts nach Süden.

Kilometer 0,51 = Halt, haben wir auch alles. Kontrolle der Lenkertasche. Die Ersatzbrille fehlt. Hanne muß zurück und macht gleich am Sportplatz hoch ihre erste Bergwertung.

Kilometer 11,5 Sängerlinde, 1. Rast.

Kilometer 16 Wir haben den Frannzbranntwein nicht eingepackt.

Ich vermisse ein größeres Taschenmesser, das ich noch einpacken wollte, weil ich mein Schweizermesser nicht gefunden habe und in dem Zusammenhang sage ich, auch ein Büchsenöffner fehlt.

10.14 Uhr = 31 km-das erste Prozent der Strecke geschafft.

In Bernkastel trinken wir an der Frittenbude zwei Gerstenkaltschalen.

Mittagspause am Moselufer in Brauneberg.

Mein Schutzblech schleift am Radmantel. Ich kann biegen wie ich will, das Plastikteil findet immer in seine alte Form zurück.Wenn ich eine Säge oder großes Messer hätte, würde ich es glatt abschneiden.

In Detzem Ortsrundfahrt und Kaffepause mit Kuchen.

Das Wetter war den ganzen Tag überwiegend sonnig und angenehm. Teilweise hatten wir etwas Gegenwind, der sich jedoch bekämpfen ließ.

Ca 17.30 Uhr sind wir an der Porta Nigra. Hier wird zunächst ein Beweisfoto gemacht und in der Tourist-Info ein Zimmer gebucht. Hotel Constantin, kenne ich schon von der KG-Radtour.


Auf dem Weg in "Kleine Fluchten" rein und für Hanne ein Plastik-Rotweinglas gekauft, wie ich es schon habe, damit wir gemeinsam einen heben können. Büchsenöffner haben sie keinen mehr. Schade, wie kriege ich jetzt die Sardinenbüchse auf. (Das Öl daraus wird ja zur Kettenschmierung benötigt)

Im Hotel geduscht, kurz geruht und dann im Hause gut grieschisch gegessen und ein Fläschchen Roten getrunken. Zum Ausgehen hatten wir keine Lust mehr, so gings früh in die Falle und ich hatte Zeit für meinen Bericht.

Donnerstag, 20. April 2006,

von Trier bis Perl
59 km, 258 hm

Nach einem hervorragenden Frühstück holen wir die Räder aus der Fahrradbox in der Tiefgarage und los geht’s zum Dom. Pech, die Dominfo macht erst um 9.30 Uhr auf.
Im Dom ist gerade Messe. Danach fahren wir zur Porta Nigra, aber auch da müssen wir warten, bis der Supermarkt öffnet. Die Fußgängerzone ist noch ruhig, sodaß wir einfach drüberradeln können. Zwischenzeitlich kaufen wir belegte Brötchen, bevor es Apfelschorle in 1,5 L Pack gibt. Dann zum Dom zurück. Gerne bekommen wir die hübschen Stempel, machen ein Foto vom ersten Jakobsweg-Zeichen und radeln nach St. Matthias, dem einzigen Apostelgrab nördlich der Alpen. Auch hier macht man uns gerne einen Stempel in unseren Pilgerpass.

Fast zwei Stunden später rollen wir endlich auf dem Moselufer-Jakobs-Radweg gen Süden.

Kurz darauf queren wir die Saarmündung und weiter gehts entlang der Mosel. überwiegend herrlicher Radweg. Das Wetter ist durchwachsen, sonnig und warm. Wir wechseln die Winterjacken gegen Windblousons. Einzelne Passagen mit leichtem Gegenwind werden einfach durchgeradelt, wenn auch die Geschwindigkeit immer fast unbemerkt um ca 5 km/h abrupt abfällt.

Bei Nittel finden wir eine ruhige Sitzgruppe in der Sonne und machen Mittagspause. Danach geht's im sportlichen Raddress, jetzt ohne Windjacke, weiter.

Wenn auch der Radweg immer auf Flußhöhe verläuft, so gehts doch an Bacheinläufen etc. immer mal einige Meter hoch und runter. Das sappelt sich zusammen.

Auf der gegenüberliegenden luxemburger Seite würden wir meistens auf der Hauptverkehrsstraße, nur teilweise mit Radspur fahren. So ist es schon angenehmer.

Hanne hat dauernd irgendwelche Quietsch- und Knackgeräusche an ihrem Rad. Endlich finden wir die Ursache. Der Sattel. Ich bearbeite und zerre, und es wird besser (hält aber nicht lange, im Laufe der Reise gewöhnt man sich dran).

Bei Perl, unserem Tagesziel, gehts zunächst mal über die Mosel nach Schengen. Dem berühmten Ort des europäischen Schengener Abkommens, das die leidige Pflicht der Passkontrolle innerhalb Europas beendete.

Schengen


Aber in diesem kleinen Nest ist nichts los. Ich bekomme noch nicht mal ein Mousel zu trinken und Zimmer gibts auch nicht. Da radeln wir zurück nach Perl. Nicht einfach, denn es geht zunächst fast 2 km den Berg hoch, und das bei "brütender Hitze".

Im Central-Hotel finden wir schnell Quartier. Duschen, und schon trinken wir einige Bitchen.

Später beim Ortsrundgang finden wir auch Privathäuser, die mit Jakobsmuschel auf ihre Privatzimmervermietung hinweisen. Zu spät.

Wir laufen noch durchs Dorf rund, naja, und kommen zur Abendspeisung, die wir mit einigen 1/4 chen einheimischen Weines versüssen.

Gegen 10 Uhr begeben wir uns zur Ruhe, damit wir morgen wieder fit sind.

Freitag, 21. April 2006,

von Perl bis Metz
68 km, 143 hm


Ein opulentes Frühstück macht uns fit für den Tag. Dann werden in der Bäckerei nebenban belegte Brötchen gekauft, die sind sogar ohne Butter, richtig für die schlanke Linie.

Ich laufe derweil zum Pfarrbüro. Offiziell ist zwar noch keine Öffnungszeit, aber ich bekomme gerne meine Stempel.

Am Ortsausgang halten wir noch beim Norma und bunkern die Getränke.

Dann rollts los, und schon verpassen wir die erste Abzweigung und drehen eine Ehrenrunde auf der Brücke nach Schengen.

Die Grenze zu Frankreich ist direkt am Ortsausgang. Hier beginnt ein herrlicher Radweg mal links, mal rechts der Mosel. Die Wiesen sind mit Schlüsselblumen übersäht. In der Ferne grüssen uns die Wasserdampfsäulen von Cattenom, sie begleiten uns die ganze Strecke und nach 33 km stehen wir mitten in Thionville. Das muß begossen werden und so leisten wir uns auf dem Hauptplatz einen Cappucino. Die erste Bestellung auf französich. Klappt.

Wir schieben durch die Fußgängerzone, die Touristinformation hat Mittagspause, so kann uns keiner sagen, ob es Radwege nach Metz gibt. Ein Polizist aus einem Streifenwagen spricht uns an und fragt, ob wir nach Spanien wollen. Das ist die erste Person, die uns aufgrund der Muschel am Gepäck anspricht. Er wünscht uns gute Fahrt.

Auf einer großen Übersichtskarte suche ich mir eine "kleine" Straße raus. Wir finden diese Ausfallstraße schnell und los gehts. Der Verkehr hält sich in Grenzen und nach weiteren 35 km sind wir im Zentrum von Metz. Nicht ohne eine Ehrenrunde im Vorort gedreht zu haben.

Direkt neben der Kathedrale ist die Tourist-Info, die uns eine Hotelliste mit Preisen gibt. Wir machens einfach und streben direkt das Hotel Cathedral daneben an. Das ist so groß und imposant, daß wir glatt fast zweimal dran vorbeilaufen. Die Räder können wir in der "Box" abstellen = eine Kellergarage voll von Gerümpel und Abfall.

Kurz geduscht und dann ist kleine Wäsche. Die Radklamotten der letzten 3 Tage werden durchs Wasser gezogen und ausgewaschen.

Unser erster Gang führt uns in die Kathedrale. Wir haben Glück, erwischen den Küster und bekommen unsere Pilgerstempel.

Metz Kathedrale


Durst ist schlimmer als Heimweh, heißts im Sprichwort und wir trinken in einem Straßencafe ein paar Bierchen, bevor wir in einer Eisdiele unser erstes Eis dieser schon drei Tage langen Reise schlecken.

Dann erkunden wir die große Fußgängerzone, wobei wir auch die St. Martins Kirche und die Kirche Notre Dame besichtigen. Imposant, wenn auch nicht so umwerfend wie die Kathedrale mit ihren vielen bunten Glasfenstern, die heute abend in der Sonne richtig strahlen. Die hält einem Vergleich mit dem Kölner Dom sicher stand.


Hanne wundert sich über das enorme Angebot an modischen Klamotten.

Nach einer Ruhepause an der Mosel (wir zählen hier nur 24 Schwäne) haben wir Hunger. Pizzerien etc. gibts in Masse. Wir aber finden ein kleines Restaurant direkt neben unserem Hotel (36 Plätze) und kehren ein. Ein wunderbares Menue und guter Wein verwöhnt uns. Das wir keinen Apeterif wollten, erstaunte die Bedienung, aber als wir eine zweite Flasche Wein bestellten, war sie baff erstaunt.

Dann war es für uns Pilger Zeit zum Schlafengehen. Hanne telefoniert noch mit zuhause und dann ists dunkel.

Statistik:

geplante Strecke = 210 km
gefahrene Strecke = 233 km
gekletterte Höhenmeter = 706 m

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