Jakobsmuschel

 

Galicien
von Leon bis Santiago de Compostela

Mittwoch, 31.5.2006

Von Leon nach Astorga
62 km, 392 hm


Der Schock sitzt tief, ich finde meinen Helmrückspiegel nicht. Alle Taschen ausgeräumt, nichts. Den hatte ich gestern beim Radschieben in der Fußgängerzone abgemacht, um ihn nicht zu verlieren. Vor dem Hotel hatte ich ihn noch. Danach muß ich ihn verschlampt haben. Auch die Rezeption hat nichts gefunden.

Sehr schlecht. Ich hatte mich so daran gewohnt, meine Mitradlerin immer im Blick zu haben.

Wir wollen unbedingt noch das alte Kloster San Marco besichtigen. Daher folgen wir 2 km dem aufgemalten Jakobsweg zu Fuß und das Rad schiebend gegen die Einbahnstraßen.

Der Klosterkomplex ist in einen 4-Sterne-Parador umgebaut, aber an der Rezeption gibt’s trotzdem den Pilgerstempel.



Noch etwas über die Ausfallstraße und wir rollen auf ruhiger Nebenstraße durch eine wahrlich karge Landschaft. Offensichtlich ist die landwirtschaftliche und weinbauliche Nutzung aufgegeben worden. Die weiten, flachen und kiesigen Flächen verbuschen langsam.

25 km weiter ändert sich das Bild. Große Bewässerungskanäle durchziehen die Landschaft. Überall wird beregnet. Hauptsächlich Rüben und Mais, dazu Gemüse usw. Auch Hopfenfelder und wahrlich kümmerliche Rebfelder. Die Reben sind kleine Büsche, bisher nur kurz getrieben, kein Vergleich mit den herrlichen Anlagen in der Rioja.

In den Bewässerungsgräben quaken die Frösche. Das ernährt auch die vermehrt auftretenden Störche.

Hier sind wir wieder auf der Original-Route und begegnen vielen Pilgern. Erstaunlich ist, wieviele alleinpilgernde Frauen, nicht nur jüngere, hier auf dem Weg sind.

Alle Nationalitäten und Sprachen. Gestern wurden wir mit einem Australier bekanntgemacht, der extra zum Jakobspilgern nach Europa geflogen kommt. Auch viele Amerikaner und Kanadier sind auf dem Camino. Die meisten sind jedoch Spanier und Franzosen. Japaner fallen nicht so sehr auf, wie sonst in den Touristenzentren.

Ein herrlicher geteerter Radweg wird von einem 8 km langen gekiesten Wirtschaftsweg abgelöst.

Über die bekannte Puente de Obrigo schieben wir in Hospital de Obrigo ein. Leider ein paar Tage zu früh, denn am kommenden Wochenende finden hier weitbekannte Ritterspiele statt. Der Turnierplatz ist schon hergerichtet und das ganze Örtchen strahlt schon im Fahnenschmuck.


Beim Pilgermenue ist bekanntlich immer eine halbe FLasche Rotwein pro Person im Preis drin. Hey, das gibt Kraft bei dem warmen Wetter unter der brennenden Sonne.

Ein Paar am Nebentisch fährt den ganzen Originalweg mit Mountainbikes. Nach einer gewissen Strecke fährt der Mann zurück und holt das Auto nach. Sicher ein aufwändiges Verfahren.

Die offizielle Stempelstelle im Tabac hat Siesta, aber in einem Refugio erhalte ich den Durchgangsstempel. Für Radler wird empfohlen, die letzten Etappen mindestens 2x am Tag zu stempeln.

Bei der Gelegenheit hat meine liebe Mitpilgerin das Refugio inspiziert. Vom Schlafsaal war sie leicht geschockt. "Da würde ich kein Auge zumachen können"

Dann gehts auf und neben der Hauptstraße schnell nach Astorga. Bevor wir in das Becken rollen, machen wir nochmal ausgiebig Pause auf einem der vielen Pilgerrastplätze, die den Jakobsweg hier säumen.


Nach einer Stadtrundfahrt finden wir noch ein Zimmer und begeben uns sogleich auf Bildungstour.

Der Gaudi-Palast ist wirklich, als ob von Walt Disney gebaut. Da hat der Bischof sich gewaltig ins Zeug gelegt, um sich einen solchen protzenden Palast zu gönnen.

Das Portal der Kathedrale ist das mir bisher von allen Kirchen am besten gefallende.


Der Innenraum soll z.T. Vorbild für Leon gewesen sein. Ich finde, da kommt er nicht ran.

Die Kathedralmuseumskasse erteilt mir den 3. Tagesstempel.

Hier gibt es noch sehr viel römische Hinterlassenschaft im Boden, man wird an Trier erinnert.

Erstaunlich ist auch die große Zahl von 7 alten Kirchen - und im Vorort noch einer neuen modernen - neben der Kathedrale in diesem doch relativ kleinen Städtchen.

Meine bessere Hälfte legte beim Abendmenue Widerspruch gegen die gewohnte 2. Flasche Rotwein ein, weil wir ja mittags schon eine hatten und morgen die Königsetappe zum Cruz de Ferro ansteht.

Donnerstag, 1.6.2006

Von Astorga nach Ponferrada
58 km, 899 hm


Nach dem ausgiebigen Buffet-Frühstück im Kristallsaal der Herberge sausen wir schon los, nicht ohne uns im Hotel-Internet über das schlechte und kalte Wetter zuhause zu informieren. Gut, daß wir hierher geradelt sind.

Ein Schlenker durch das malerische Dorf Castrillo, hier sind die Straßen und Häuserfronten noch urtümlich wie im Mittelalter, geht’s weiter leicht bergauf.

In der nächsten Alberguevon Rabanal bekomme ich meinen morgendlichen Pilgerstempel. Heller, sauberer Schlafsaal.

Der parallel verlaufende Original-Camino ist voll von Fußpilgern. Ich schätze, daß wir an mehr als 100 Rucksackträgern vorbeifahren. Wo wollen die nächtigen? Die kommenden Herbergen haben meist nur 30 - 50 Betten. Da werden einige sicher noch weitermüssen, und das kurz vor dem höchsten Paß der ganzen Strecke.

Die Gegend ist einsam und unfruchtbar. Ginster, Lavendel und besonders viel Heidekraut ist zu sehen.

Wovon lebten die Menschen hier früher und heute?

Die Steigung nimmt zu und wir erreichen das halbverfallene Dorf Foncebadon.
Ziegen grasen zwischen den Ruinen verfallenen Häuser. In vielen Pilgerführern wirdvor hier streunenden und verwilderten Hunden gewarnt. Wir sehen aber nur wenige schwache Kreaturen, die vor uns mehr Angst haben als wir vor ihnen.

In einer kleinen, urtümlichen Bar speisen wir vorzüglich zu Mittag.


Dann gehts mit der Energie des Rotweins hinauf zum Rabanal-Paß, dem Cruz de Ferro. Der ganze Berg hat sich trotz des Gepäcks auf den bicicletas gut fahren lassen.

Ein deutsche Pilgergruppe mit Begleitbus macht gerade Picknick. Typisch deutsch!

Wir nutzen eine ruhige Phase und legen unsere von zu Hause mitgebrachten Steine, symbolisch für unsere Wünsche und Sorgen nieder. Auch die Asche der Wunschzettel unserer Freunde wird im Gipfelwind verstreut.


Der Bus fährt weiter, wir bleiben noch etwas, machen Fotos und genießen die Ruhe. Nur noch wenige Pilger kommen jetzt über den Paß, die meisten sind vor mittag durch, sonst gibts ggfls keine Betten mehr, die anderen ruhen vor dem letzten Anstieg aus.

Weiträumig stellt sich die Bergwelt hier dar. Die Berge sind große runde Kuppen, die braun und rötlich schimmern.


Es geht bergab. In dem total verfallenen Dorf Manjarin hat ein "Aussteiger" eine Herberge in den leerstehenden Bruchsteingemäuern eingerichtet. Fließendes Wasser gibts nicht, offensichtlich auch nicht für die Bettwäsche, wie meine Mitpilgerin beurteilt. Aber einen schönen Stempel gibts in den Pilgerpaß.

Kaum unten, gehts wieder hoch auf den nächsten 1530-er Paß.

Da kommt uns ein Holländer auf der Rückreise entgegen. Der sieht abgekämpft aus und sucht eine Coca-Cola. Eine halbe Stunde später weiß ich, warum.

Und dann die Abfahrt ins Bierzo. Das Weinbaugebiet Rioja haben wir am Rabanal-Paß verlassen.
Heute abend werden wir diese regionalen Weine verkosten.

900 hart erkämpfte Höhenmeter werden in einer halben Stunde geopfert, davon 600 auf den ersten 4 km.

Die Straße fällt teilweise so stark ab, daß wir nicht mehr laufen lassen, sondern so stark abbremsen, daß die Felgen heiß werden. Damit nichts platzt, machen wir mehrmals Pause, um die Bremsen und Felgen abkühlen zu lassen.

Es geht noch durch zwei Bergdörfer, warum leben die Leute gerade heute noch hier?

Hanne hat unten ein Rauschen in den Ohren wie beim Landeanflug im Flugzeug.

Die erste Kneipe im Tal erwartet uns als Gäste und wir genießen einige cervecas. Nach dem zweiten vergeht mit einem Klack auch das Ohrenrauschen wieder.

Ein kurzer, knackiger Anstieg, und wir sind in Ponferrada. Ein günstiges Habitation mit Tiefgarage für unsere treuen Stahlrösser (aus Alu) ist schnell gefunden.


Die weltweit größte Ruine einer Templerburg wird gerade aufwändig restauriert. Daher ist nur die Hälfte zu besichtigen. Dafür gibts meinen 5. Tagesstempel.

In der Kathedrale aus dem 16.Jhd. üben gerade die Kommunionkinder. Von andächtiger Ruhe wenig zu spüren, trotzdem eine schöne Kirche.

Die Sonne brennt mit aller Kraft vom Himmel. Ich muß aufpassen, mir mein Gesicht nicht noch mehr zu verbrennen. Hier im Tal sucht man wieder den Schatten, auf dem Berg ging doch ein kühlerer Wind, weshalb ich sogar beim Aufstieg meine Windweste anbehielt und bei der Abfahrt sogar den Bluson überzog.

Und zum Schluß noch was Statistisches:
Die veranschlagten 15.000 Gesamthöhenmeter haben wir heute schon überschritten, und dabei steht noch ein dicker Gebirgszug quer vor uns.

Freitag, 2.6.2006

Von Ponferrada nach Pedrafrita do Cebreiro
57 km, 879 hm


Ruckzuck geht’s aus der Kernstadt und dann ca 10 km entlang eines Bewässerungskanals durch Obstbauplantagen. Auf der anderen Seite ein riesiges, modernes Industrie- und Gewerbegebiet. Wie in vielen spanischen Städten bisher macht das einen regen und gepflegten Eindruck.

Das Museum San Salvador hat noch zu. Schade, so können wir nur mal außen um die vielen Mauern und Ruinen rumlaufen.

Obst- und Weinbau bestimmen das Bild. Die Wohnhäuser sind schmuck, sauber und meistens Neubauten.

In der uralten Kirche von Villafranca del Bierzo (12.Jhd) sitzt eine junge Frau und gibt Informationen. Für den Pilgerstempel bittet sie mittels eines Blattes um -,20 € Spende.

Diese Kirche hatte früher das Sonderrecht, daß kranke Pilger, die nicht mehr weiterkonnten, hier den Ablaß bekamen, der die gleiche Wirkung hatte wie der am Grab des Apostels in Santiago de Compostella.

Entlang der wenig befahrenen N VI, der kombinierte Fuß- / Radweg ist links der Straße und mittels Betonmauer abgetrennt, gehts weiter. Gut und sicher. Bevor hier die Autobahn gebaut wurde, war dieses einer der gefährlichsten Streckenabschnitte für Radler und Fußgänger. Es gab keinen Seitenstreifen und die LKW brausten in den engen Kurven hart am Straßenrand.

Dann beginnt der Aufstieg zum Cebreiro-Paß, noch schnell in der Albergue einen Pilgerstempel geholt, und dann los. So hart hatte ich die heutige Etappe nicht geplant.

Der Anstieg zeigt sich um einiges härter als gestern der Rabanal-Paß, zumal wir auch 400 m tiefer einsteigen. Aber auf der alten, faktisch autofreien Paßstraße, die sich durch das enge, sattgrüne Tal des Rio Valcárel schlängelt, kommen wir trotzdem gut voran und hoch. Die neue Paßstraße und die Autobahn oft hoch über uns auf Brücken.

Die Sonne brennt erbarmungslos auf den schattenlosen Asphalt und uns läuft heute der Schweiß in Strömen.

Kurz vor dem Ziel werden wir noch von 3 Radlern überholt.

Bei 1.000 Höhenmetern haben wir die Grenze nach Galizien erreicht.

In Pedrafita ist unser Tagessoll erfüllt und wir nehmen Quartier in einer Pension.

Wir machen noch einen Einkaufsbummel für den morgigen Proviant.

Da sonst nichts los ist, nehme ich die Gelegenheit war, einen echt einheimischen Friseur, einen peluquero, aufzusuchen. Schlechte Entscheidung.

Beim Umbinden des Umhangs schlägt der soweit aus, daß meine sorgfältig gelagerte Brille durch den Raum fliegt.
Wie sich zeigt, ist eine Kante ausgebrochen.

Beim Sehen stört mich das zum Glück nicht. Da muß ich nach der Heimkehr das alte Rezept wohl doch einlösen gehen.

Der Friseur spricht etwas deutsch, er war einige Jahre in Basel in Arbeit. Vor 15 Jahren kam er zurück und übernahm den Salon für Caballeros. Die Einrichtung stammt sicher noch aus der Frühzeit Francos.

Mein Wunsch nach einem kurzen Schnitt wird sofort erfüllt. Mit der Maschine rasiert der meine linke Hälfte, das er die rechte mit der Schere fast nicht mehr schafft. Meine liebste bessere Hälfte beurteilt hinterher, ich sehe ganz gut aus so. Da hatte sie mich noch nicht von hinten gesehen.

Unsere Pensionswirtin hatte uns bei der Frage nach dem Frühstück ihre ganze Speisekarte so liebvoll angeboten, daß wir das ausnutzen mußten. Hat sehr gut geschmeckt.

Morgen dann ist das nächste Teilstück bis zur Paßhöhe an der Reihe.

Samstag, 3.6.2006

Von Pedrafita nach Samos
40 km, 486 hm


Die Berge haben kein Erbarmen. Sofort geht es mit 6-7 % Steigung bergauf.

Bei 1300 hm schieben wir in O´Cebreiro, einem uralten Bergdorf, ein. Tourismus ist in. 2 Busse, einer aus Österreich und viele Fuß- und Radpilger bevölkern den Ort.


Wir sind in Galizien. Rundum Hochtäler von unendlicher Weite. Alles grün bis auf die Gipfel. Die Wiesen werden von vielen Kuhherden beweidet.

In der Kirche gibt’s die Stempel. Die Frau haut mir zuerst einen Riesenstempel des Ortes rein, dann noch zwei kleine der Kirchen.

Die typischen Rundhäuser kann ich nicht richtig fotografieren. Da stehen lauter Autos rum.

Die Bars sind entweder von Touristen voll oder man ist am Putzen. So geht’s ohne Kaffee weiter bergab und bergauf.

Plötzlich gehe ich in die Bremsen. Eine Kuhherde läuft über die Straße.

Am Alto (Paß) de Jan Roque gibts mit 1270 m eine Zwischen-Bergwertung, bevor wir am Alto de Poio mit 1336 m den für den Rest der Wallfahrt höchsten Punkt erreichen.


Stempelstelle ist in der Paß-Bar, das bringt Umsatz.

Heute macht die Abfahrt nach Triacastela Spaß. 15 km und 700 m, da kann man auf der guten, neu ausgebauten Straße schön rollen lassen.

Zum Dank gönnen wir uns ein ausgiebiges Pilgermenue. Der Rotwein schmeckt gut, aber beim Weiterfahren bemerken wir die Schwere der Beine.

Schnell ist Samos erreicht, nicht das Weinkloster in Griechenland, aber das älteste nachweisbare Kloster Spaniens.

Außer der Pilgerherberge im Kloster (90-Betten-Saal) hat noch alles Siesta. Wir nehmen am Ortsausgang hinter dem Altersheim Quartier, um später noch die interresanten Besichtigungen machen zu können.

Gesagt, getan. Die mächtige Klosteranlage mit der Kirche imponiert schon. Wir kommen gerade recht, um an einer Kreuzgangführung teilzunehmen. Ein deutscher Teilnehmer übersetzt uns freundlich, sonst wäre es uns bei dem vielen Spanisch in der ganzen Stunde sicher langweilig geworden.


12-17 Mönche leben in den Gebäuden. Für Exercitien und Schulungen werden viele Räume genutzt.

Nach einem Großbrand 1951 wurde vom spanischen Staat der Wiederaufbau finanziert. Dem General Franco hat man dafür an einigen Stellen gedankt. Der Pater berichtet, daß man früher wie in anderen Klöstern auch, Bier gebraut und Schnaps gebrannt habe. Ein Novize wollte ausprobieren, ob der Alkohol auch brennt, und dann sei das halbe Kloster abgebrannt.

Um 20.00 Uhr ist Pilgermesse, da gehen wir jetzt hin. Vorhin war eine Brautmesse, da konnten wir die Kirche nicht richtig besichtigen.

Und das Abendessen erst. Auf der Karte war nicht der Kilopreis angegeben, sondern das Ochsenkotelett (T-Bone-Steak) wog glatt ein Kilo. Das war was für den Fleischzahn meiner Liebsten.

Zum Wetter bleibt nachzutragen, daß es heute sehr heiß war und die Sonne brannte.

Pfingstsonntag, 4.6.2006

Von Samos nach Palas de Rei
64km, 1121 hm


Alles was gemütlich bergab rollt, will schweißtropfend wieder erkämpft werden.

Die Landschaft ist wellig und die Täler und Berge liegen immer quer zu unserer Fahrtrichtung. Trotzdem erreichen wir frohgemuht Sarria im Tal des Rio Loio. Pilgerherberge und Kirche liegen auf einem Hügel in der Oberstadt. Da muß geschoben werden. Die Kirche ist trotz des hohen Pfingstfesttages noch geschlossen, aber zum Glück bekomme ich meinen Stempel von der Putzfrau in der Albergue.

Runter ins Flußtal, über die Brücke und dann bergauf, fast 8 km kontinuierliche Steigung, nur unterbrochen durch kleine Abfahrten in Bachtäler.

Bei den Bauern, hier ist viel Rindviehhaltung, scheint es keinen Feiertag zu geben. Die fahren fleißig Gülle aus, da haben die Pilger auch etwas davon.

Nach einer fast 5 km langen Abfahrt sind die erkletterten Höhenmeter schon wieder hin.

Wir stehen in Portomarin und rollen über den Stausee. Ist noch voll Wasser, sodaß wir die Ruinen des gefluteten Dorfes nicht sehen können.

Vor der Albergue sitzen die Pilger schon in Reihen und warten auf Einlaß. Man rechnet hier heute mit Überfüllung.

Es beginnt gerade der Sonntagsgottesdienst, daher können wir die Kirche nicht besichtigen. Diese alte, einfache Dorfkirche wurde im Tal abgebrochen und hier auf dem Berg wieder aufgebaut, als der Stausee kam.

Bemerkenswert ist das schöne Glockenspiel das uns, bzw die Kirchgänger rief.

Bisher haben die Glocken hier einen recht blechernen Klang, lange nicht so volltönend wir unsere.

Wir stärken uns mit einem kleinen Imbis, holen unsere Stempel selbst in der jetzt offenen Albergue, und rollen los.

Etappenschluß wollten wir hier so früh und nach 37 km noch nicht machen.
Das zeigte sich als kapitaler Fehler.

Direkt gehts wieder bergauf, von 370 auf 750 hm. Der Weg steigt in die farbenbprächtige Heide- und Weidelandschaft der Sierra Ligonde. Die Sonne brennt erbarmungslos auf den Asphalt und uns läuft der Schweiß in Strömen.

Nach 10 km suchen wir Quartier. Nichts, nur einen Pilgerstempel ergattere ich in einer kleinen Bar mit wenigen Pilgerbetten am Straßenrand. In den folgenden kleinen Orten keine Zimmer, nur evtl. die Chance, in den vollen Schlafsälen der Refugios unterzukommen. Also weiter, ein Restaurant mit Zimmern: belegt. Eine schöne Casa mit Zimmern, ist neu und innen superfein, today closed, erklärt mir die Haustochter.

Unter diesen Umständen schenken wir uns den steilen Abstecher nach dem Kloster San Salvador und kämpfen uns weiter. Die Anstiege schieben wir teilweise, die Kraft schwindet.

Jetzt sind wieder vermehrt Fußwanderer auf der Strecke, die offensichtlich in den kleinen Dorfherbergen nicht mehr unterkamen.

Endlich bekommen wir in Palas de Rei ein schönes Hotelzimmer.

Das war heute der bisher weitaus härteste Tag der Pilgerwallfahrt. Mit 1.121 hm knapp so viel Höhenmeter wie beim Überqueren der Pyrenäen, fast doppelt soweit und in brennender Sonne. Nur der Wind hat glücklicherweise gefehlt.

Den Pilgerstempel mache ich mir in der Gemeinde-Albergue, zuerst war ich in einer privaten Albergue, die hatten einen 3-Feld-Textstempel, den wollte ich meinem Pass nicht mehr antun.

Beim Abendmahl sitzen Norweger (3 ältere Paare), Südafrikaner (2 Frauen mittleren Alters), Kanadier ( 2 Frauen mittleren Alters), Deutsche junge und alte) und Franzosen (4 Paare) um uns rum. Alle arbeiten mit kleinen Wörterbüchern und beanspruchen den Kellner. Es wäre für beide Seiten doch viel einfacher, die Karte mehrsprachig aufzulegen. Geschmeckt hat Essen, Bier und Wein trotzdem.

Montag, 5.6.2006

Von Palas de Rei nach Arzua
35 km, 419 hm


Direkt eine Superabfahrt über fast 200 hm, das verheißt für heute nichts Gutes.

Wir sind danach so im Bergaufstreß, das ich die Abfahrt in die Nebenstraße verpasse. So geht’s auf der Hauptstraße weiter. Über den nächsten Bergkamm und wieder bergab und schon sind wir in Melide. Die Albergue macht erst um 13 Uhr auf, jetzt um 10 Uhr! sitzen schon eine Reihe Fußpilger davor und warten auf Einlaß.

Gerade ist die Messe zu Ende und der Pastor erteilt uns den Pilgerstempel.

Auf einer ruhigen kleinen Landstraße radeln wir auf und ab. Die Sonne brennt schon vom Himmel.

Zu Mittag sind wir in Arzua und quartieren uns ein. Das Fahren in den vielen Hügeln in der Mittagshitze ist doch zu anstrengend, wie sich gestern zeigte.

Auch hier ist die Herberge noch zu und die Rucksäcke stehen in der Reihenfolge der Ankunft davor. Die Pilger haben sich in Schattenecken verkrochen.

Der Reiseführer berichtet "in Arzua gibt es nicht viel zu sehen, was zur Abwechslung auch einmal recht angenehm ist".

Wir nehmen uns das zu Herzen und machen ausgiebig Siesta.

Trotz der Hitze spazieren wir später ins Zentrum, holen uns noch einen Pilgerstempel in der überlaufenen Albergue (Da liegen die Pilger schon müd und matt eng zusammengepfercht auf Plastikmatrazen).

Nach einigem Suchen haben wir auch ein Internetcafe gefunden und ich kann mein Tagebuch aktualisieren.

Auf der Plaza Mayor sitzen wir gemütlich vor einem Cafe, trinken ein Bierchen und lassen es uns gutgehen.

Nach und nach treffen wir die Pilger von gestern wieder.

Alle jammern über die Hitze und freuen sich, das Ziel so nahe zu haben. Im Fernsehen wird berichtet, daß über Santiago eine fast nie gekannte Hitzeglocke mit fast 40 Grad hängt. Das kann ja dann morgen warm werden. Wir fahren wohl eine Stunde eher ab.

Jetzt warten wir aufs Abendessen. Gibts wieder nur ab 21.00 Uhr.

Dienstag, 6.6.2006

Von Arzua nach Santiago de Compostella
51 km, 742 hm


Früh um 8 Uhr sausen wir schon ins Tal, um anschließend gleich mit den Bergwertungen zu beginnen.

Auf und Ab durch die galizische Landschaft.

Plötzlich die langerwartete Begegnung: ein Pilger mit Esel auf dem Jakobsweg.
Zwei Esel mit Gepäck und ein Jungtier und der Eseltreiber, ein Italiener, ohjeohje.


Gegen Mittag kommen wir am Flughafen vorbei. Den sehen wir uns schon mal an. Bei Ryanair lasse ich mir nochmals den Flug bestätigen und bekomme gleich das Ticket ausgedruckt.

Weiter geht’s auf dem Originalweg zum Monte Gozo. Hier, wo man Santiago erstmals sieht (wenn es von den Bäumen nicht verdeckt ist) machen wir am Pilgerdenkmal (meinte ich, es war jedoch das Papst-Denkmal) einige Fotos.


Mit einem Pilgerstempel in dieser riesigen Anlage klappt es leider nicht. Siesta.

In die Stadt hinein, kurz vor zwei, und an der Kathedrale fotografiert. Überall Hallo, man sieht sich wieder.


In der Touristinfo Stadtplan und Hotelliste geholt und bei einem Bierchen studiert. Hat mit dem Zimmer schnell geklappt.

Im Pilgerbüro standen Schlangen an. Da gehen wir gleich noch hin, unsere hart verdiente Urkunde "Compostela" abholen.
compostela


3.137 Kilometer sind wir bisher gefahren. Da lag meine Vorausschätzung doch ziemlich niedrig.

Dagegen sind wir 19.515 Höhenmeter geklettert. Auch das ist wesentlich mehr als ich vorausahnte.

Die Abendmesse in der Kathedrale schaffen wir noch. Für die morgige Pilgermesse müssen wir uns rechtzeitig aufmachen.

Mittwoch, 7.6.2006

Einkehrtag in Santiago de Compostella

Gestern waren wir ja zu spät. So sind wir heute in die Pilgermesse. Eine Stunde vorher bekommen wir noch gute Plätze. Die riesige Kathedrale wird proppevoll, Fußpilger, Radpilger und viele Buspilger.

Heute wird das große Botafumiero (Weihrauchfaß) aufgehangen und geschwenkt. Wirklich 8 gestandene Männer ziehen am Seil und geben den richtigen Schwung. Die volle Seillänge aus der Kuppel herab wird das Gefäß nach links und rechts durchs Querschiff bis an die Decke geschwungen. Schon stark.

Ob das heute gerade wegen unserer Ankunft war, weiß ich nicht. Normal wird daß Weihrauchfaß nur an Festtagen und zu besonderen Anlässen benutzt.

Der Pastor trug die Liste der neu eingetroffenen Pilger vor, wegen der unterschiedlichen Aussprache haben wir unsere Namen nicht erkannt.

Heute gibts nichts weiter zu berichten.

 

Statistik:
geplante Strecke: 360 km
gefahrene Srecke: 367 km
gekletterte Höhenmeter: 4.938

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